Was ist wissenschaftliches Lektorat eigentlich, was kostet es und darf man das überhaupt? In diesem FAQ beantworte ich die häufigsten Fragen rund um das Lektorat und Korrekturlesen wissenschaftlicher Texte, von der Bachelorarbeit bis zur Dissertation.
Inhaltsverzeichnis
Wie unterscheidet sich wissenschaftliches Lektorat vom normalen Lektorat?
Wissenschaftliche Texte dienen dazu, ein Forschungsergebnis darzulegen. Ihre Verfasser*innen beantworten darin eine Hypothese oder Forschungsfrage mithilfe bestimmter Methoden. Das kann ein Experiment sein, eine Befragung oder eine Analyse der bestehenden Literatur. In gewisser Weise nutzen Forschende auf der ganzen Welt sie, um sich miteinander auszutauschen. Damit sie einander verstehen und die Kommunikation auch fachübergreifend klappt, sind wissenschaftliche Texte stets ähnlich aufgebaut und unterliegen den folgenden Anforderungen:
- Sie argumentieren logisch und sind nachvollziehbar.
- Die Sprache ist neutral, sachlich und so objektiv, wie es geht.
- Sie sind ähnlich gegliedert.
- Sie sind überprüfbar, d. h. die verwendeten Zitate sind gekennzeichnet und es wird beschrieben, mit welchen Methoden die Ergebnisse erzielt wurden.
Wenn ich also wissenschaftliche Texte lektoriere, prüfe ich neben Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung, ob diese Bedingungen erfüllt sind. Ob ich auf inhaltliche Fehler hinweise, hängt vom Text ab.
In Abschlussarbeiten geht das auf keinen Fall (wobei ich bei wirklich groben Schnitzern einen vorsichtigen Kommentar wie „Diese Aussage erscheint mir ungewöhnlich, ich empfehle dir, das noch mal zu prüfen“ schreibe). Im Fachlektorat anderer Texte hingegen kann ich zumindest oberflächlich die Aussagen checken und auf Unstimmigkeiten deutlicher hinweisen. Ein tiefgehendes Factchecking kann ich nicht anbieten, das würde den Lektoratsrahmen sprengen.
Für wen ist Wissenschaftslektorat wichtig?
Ein professionelles Lektorat tut jedem Text gut. Doch gerade bei Abschlussarbeiten, die am Ende bewertet werden, ist es wichtig, dass jemand sie Korrektur liest. Sie sollen schließlich einen guten, nein allerbesten Eindruck bei dem*der Prüfer*in hinterlassen. Grammatikfehler und Vertipper lenken von der besten Argumentation ab und können sogar zu einer schlechteren Note führen, weil sie nachlässig wirken. Und wer beim Schreiben nicht sorgfältig war, so der naheliegende Eindruck, hat wahrscheinlich auch nicht gründlich geforscht.
Manche Betreuungspersonen raten ihren Studierenden sogar, ihre Abschlussarbeit vor der Abgabe einem Wissenschaftslektor*in anzuvertrauen. Meiner Meinung nach profitiert jede Arbeit davon, wenn eine außenstehende Person sie liest und auf Stellen hinweist, die sie nicht versteht. Das ist auf jeden Fall eine gute Alternative, denn ein Wissenschaftslektorat kann sich nicht jede*r leisten.
Was sind die Aufgaben des Wissenschaftslektorats?
Bei der Arbeit an einem akademischen Text achte ich insbesondere auf Verständlichkeit und sprachliche Präzision. Schließlich ist es wichtig, dass die Lesenden den Inhalt problemlos erfassen können. Sprachliche Schönheit oder kreative Ausdrucksweise treten dabei in den Hintergrund. Wobei jedoch durchaus Raum für Kreativität und Witz bleibt. Ein paar Beispiele, die mein Dad-Jokes liebendes Herz erfreuen (leider nur Englisch, auf Deutsch habe ich keine lustigen Titel finden können):
- Lateral root development in Arabidopsis: fifty shades of auxin (Lavenus et al. 2013)
- Carbon monoxide: to boldly go where NO has gone before (Ryter et al. 2004)
- Four hot DOGs in the microwave (Frey et al. 2015)
Diesen Raum hab ich mir übrigens auch in meiner Masterarbeit genommen und sie mit dem – völlig unpassenden – Zitat „Strawberry fields forever“ von John Lennon eingeleitet. Das natürlich anders als meine Masterarbeit mit eigentlichen Erdbeerfeldern gar nichts zu tun hatte, „Strawberry Field“ war der Name eines Kinderheims.
Grundsätzlich umfasst ein Wissenschaftslektorat neben der Korrektur von Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion bei mir die folgenden Tätigkeiten:
Herstellen sprachlicher Präzision (ich gucke, dass alle Wörter zueinanderpassen, streiche Füllwörter, weise auf Wiederholungen hin.
Wie bereits im oben stehenden Kapitel 1.3 eingangs schon erwähnt wurde …
Wie in Kapitel 1.3 erwähnt (wurde), …
Vermeiden von subjektiven Formulierungen, Floskeln, Redewendungen und Phrasen
Leider waren die Ergebnisse des Experiments enttäuschend.
Das Experiment führte zu keinem auswertbaren Ergebnis / konnte nicht ausgewertet werden.
Prüfen, ob Fachbegriffe und Abkürzungen aus dem Fachbereich (passend zur Zielgruppe) erklärt werden, Vereinheitlichen von deren Verwendung
Denn: Erfahrungsgemäß passieren Schreibenden besonders dann Fehler, wenn sie ihre Arbeit so fachsprachlich wie möglich klingen lassen wollen (was übrigens genauso wenig guter Stil ist wie eine zu umgangssprachliche Ausdrucksweise). Zu zeigen, dass man die Fachsprache versteht, ist wichtig, klar, aber wer seine Bachelorarbeit unnötig aufbläht und dabei am Ende Kausalität und Korrelation verwechselt, blamiert sich nur.
Was kostet ein wissenschaftliches Lektorat?
Einen pauschalen Preis fürs Korrekturlesen einer Bachelor- oder Masterarbeit gibt es nicht. Lektor*innen rechnen ihre Dienste üblicherweise pro Normseite ab, das ist sozusagen das Standardmaß der Textbranche. Eine Normseite umfasst nach der Empfehlung des VFLL (in dem ich Mitglied bin) 1500 bis 1650 Zeichen inkl. Leerzeichen. Ich rechne mit 1500 Zeichen.
Wichtig: Normseiten und A4-Seiten sind in den meisten Fällen nicht identisch. Die Anzahl der Normseiten entspricht der Zeichenzahl (z. B. in Word ermitteln) geteilt durch 1500.
Ich berechne für ein wissenschaftliches Lektorat 7,50 Euro pro Normseite. Ab 250 Normseiten gibt es 10 % Rabatt auf den Gesamtpreis, außerdem bekommen Studierende und Schüler*innen einen Sonderpreis und zahlen nur 5,50 Euro. Wer sich den nicht leisten kann, kann sich gern bei mir melden, wir finden bestimmt eine Lösung.
Darf ich meine Bachelorarbeit lektorieren lassen?
Ja, natürlich! Jedenfalls solange nichts am Inhalt verändert wird. Ein wissenschaftliches Lektorat ist kein Ghostwriting. Du unterschreibst schließlich vor der Abgabe eine eidesstattliche Erklärung, in der du versicherst, dass du die Arbeit ohne fremde Hilfe verfasst hast.
Für mich als Wissenschaftslektor*in gilt: Ich darf die sprachliche Qualität verbessern, aber inhaltlich nichts an einem zu lektorierenden akademischen Text verändern und den Schreibenden auch keine Rückmeldung zum Inhalt geben. Falls mir inhaltliche Fehler auffallen, schreibe ich einen Kommentar, in dem ich dich bitte, die betreffende Stelle noch einmal zu prüfen. Keinesfalls würde ich sie einfach ändern oder dir vorgeben, was dort stattdessen richtig wäre.
Ein Plagiatscheck und die Prüfung der Zitate übersteigt ebenfalls meine Kompetenzen. Gern achte ich beim Lektorat darauf, ob die Zitierweise den Vorgaben deines Fachbereichs entspricht, wenn du mir dazu entsprechende Regeln oder Guides gibst. Mehr kann ich nicht übernehmen.
Merken Wissenschaftslektor*innen, wenn ich KI benutzt habe?
KI ist ein riesiges Thema für uns Lektor*innen. Ob ein wissenschaftlicher Text von einer Person oder einer KI erstellt wurde, ist für die Lesenden kaum zu erkennen, und es gibt auch kaum Tools, die das zuverlässig prüfen können. Bei Übersetzungen oder nicht akademischen Texten ist es auffälliger, die klingen oft unnatürlich, sind auffällig freundlich und enthalten famously lauter Gedankenstriche. Bei wissenschaftlichen Texten ist es schwieriger, die KI wurde ja auch mit ihnen trainiert und sie haben keine so große sprachliche Variation wie etwa ein Roman.
Es wird allerdings nur schwer gelingen, eine gesamte Bachelorarbeit von der KI ohne irgendwelche Eigenleistung generieren zu lassen und damit durchzukommen. Large Language Models (LLM) wie ChatGPT halluzinieren, denken sich Informationen, Zitate und Quellen aus, die es nicht gibt, präsentieren sie aber äußerst überzeugend. Sie sind auch keine Suchmaschine oder in irgendeiner Weise „intelligent“ (darum ist der Name „künstliche Intelligenz“ irreführend), sondern ein stochastisches Modell, das lediglich ausrechnet, welches Wort als Nächstes am wahrscheinlichsten wäre, aber manchmal auch extra ein anderes nimmt, damit der generierte Text abwechslungsreicher klingt.
Orientiere dich am besten an den Richtlinien deiner Uni zum Umgang mit KI. Manche verbieten es ganz, andere stellen gezielt Listen hilfreicher KI-Tools oder sogar Lizenzen für deren kostenlose Nutzung zur Verfügung. KI kann dich bei der Literaturrecherche unterstützen, dir einen Schreibplan erstellen, dein Literaturverzeichnis generieren, es hilft beim Formulieren, Übersetzen oder der Suche nach Synonymen.
Das macht KI-gestützte Tools zu nützlichen Werkzeugen, die dich in der stressigen Bachelor- oder Masterarbeitsphase unterstützen können.
Ich persönlich nutze LLM wie ChatGPT et al. nur beruflich und auch da möglichst sparsam. Ihren extremen Energie- und Wasserverbrauch, ihren Einfluss auf marginalisierte Communitys, den Diebstahl geistigen Eigentums und die schlechten Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen, die den Content gefiltert haben, kann ich nicht einfach ausblenden. Ich bin mir der Bedeutung von KI bzw. LLM für meine Branche bewusst, aber nicht um jeden Preis.




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